"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Wolltet ihr schon immer mal wissen, wie das Leben in einer Ordensgemeinschaft aussieht? Dann seid ihr auf unserer Blogseite genau richtig. Hier erzählen Sr. Jona Marie und Sr. Magdalena aus ihrem Alltag. Viel Freude beim Lesen unserer Alltagsgeschichten!
Wir alle kennen die Ostergeschichten des Neuen Testaments. Aber wussten Sie, dass es auch im Alten Testament eine Ostergeschichte gibt? Sogar Jesus nimmt auf diese Bezug, wenn er über seinen Tod und seine Auferstehung spricht: Es ist die Erzählung von Jona und dem Wal.
Jona ist einer, der Gott nicht versteht. An ihm zweifelt, ja verzweifelt. Dieser Gott, der es zugelassen hat, dass die Großmacht Assyrien über Israel herfällt mit brutaler Zerstörung und Deportationen. Zurück bleibt ein traumatisiertes Volk. Genau in diese Situation hinein ruft Gott den Jona. Er soll nach Ninive gehen und eine Drohbotschaft Gottes verkünden. Was für ein Wahnsinn, denke ich. Natürlich versteckt sich Jona. Kein traumatisierter Mensch würde jemals freiwillig zum Traumaverursacher gehen, um diesem den Untergang anzusagen.
Jona wird auf seiner Flucht von einem Wal verschluckt. Drei Tage und drei Nächte verbringt er in seinem Bauch. Dort passiert Wandlung. Es sind tiefe Momente des Gebets und der Selbstreflexion. Kennen wir nicht auch solche Zeiten? Wenn ich Gott nicht verstehe, verzweifle, vor Angst vergehe. Wenn alles sinnlos erscheint, ich in die Dunkelheit gezogen werde und sich der kalte Mantel der Einsamkeit um mich legt.
Gott ist auch in diesen Zeiten nahe! Er schenkt Nähe durch liebevolle Menschen, die für mich da sind und mir Mut machen. Die mich spüren lassen: ich werde geliebt! Ich bin wertvoll, so wie ich bin! Dann passiert Auferstehung. In Berührung kommen mit meinem wahren Selbst. Jona wird von dem Fisch an Land gespien. Kein sanftes an Land kommen. Als wollte Gott sagen: So, jetzt aber mal los! Du kannst das! Auferstanden aus seiner Angst kann Jona nun der großen Stadt Ninive mutig entgegentreten.
Wenn in der Osternacht die Osterkerze in die dunkle Kirche hineingetragen wird, birgt dieser liturgische Akt eine tiefe Botschaft: Hab keine Angst mehr! Christus hat all deine Dunkelheiten zerstört. Er ist an deiner Seite und verlässt dich nicht. Das Licht des neuen Lebens lässt sich nie mehr auslöschen. Halleluja!
31.03.2024 Sr. Jona Marie
Alles verbrennen
was mich belastet
Alles verbrennen
was mich einengt
Alles verbrennen
was mir nur vorgauckelt, mir gut zu tun
Alles verbrennen
was mich am Wachstum hindert
Alles verbrennen
was nicht Liebe ist
Alles verbrennen
was mich von Gott entfernt hat
Alles verbrennen
was sowieso nur noch totes Holz ist
Und dann
demütig vor der Asche stehen
Und mit dieser Asche auf meiner Stirn
einen Neuanfang wagen!
14. Februar 2024 Sr. Jona Marie
Wie habe ich es geliebt als Jugendliche nachts den Sternenhimmel zu bestaunen. Ich konnte es kaum erwarten, sehnte die Dämmerung herbei und schnappte mir dann mein Fernrohr. Hinaus ging es in den Garten, den Blick nach oben öffnete sich mir der Himmel.
Was für eine Weite! Plötzlich schien die Begrenztheit meiner Welt aufgebrochen. Ich konnte aufatmen - umfangen von einer friedvollen Wärme, die mich umhüllte, selbst wenn es eine frostig kalte Nacht war. Inmitten dieses Meers von Sternen flammte die Sehnsucht in mir auf. Dich zu finden, mich zu finden.
Es hat viele Jahre gedauert bis ich mein Fernrohr wegpackte und beschloss endlich aufzubrechen. Den langen Weg der Suche nach dir. Vergessen habe ich dieses Gefühl unter dem Sternenhimmel bis heute nicht. Und es stimmt, was eine große Dichterin einst schrieb: „Alles beginnt mit der Sehnsucht!“
6. Januar 2024 Sr. Jona Marie
Lieber Franziskus,
so gern wäre ich wie du - wenigstens ein kleines bisschen!
Suchen, was mein Leben nährt und trägt
Niemals aufgeben, auch wenn sich Gott nicht zu zeigen scheint
Das loslassen, was mich beschwert und unfrei macht
Einfachheit lieben und mich nicht sorgen, weil ich vertraue, dass DU mich reich beschenkst
Umarmen, was mir Angst macht
Zugehen auf das, vor dem ich lieber weglaufen möchte
DICH finden und von DIR gefunden werden - dort, wo ich nie gesucht hätte
Allen von DIR erzählen - offen, ehrlich und mit Herzblut
Mich einsetzen, für die sich niemand einsetzt
In der Verzweiflung mich DIR hingeben
Meine Wunden vor DIR nicht verbergen, sie spüren dürfen und durch DICH verwandeln lassen
Selbst den Tod nicht fürchten, weil er mein Bruder ist
Lieber Franziskus, hilf mir so zu sein wie du – wenigstens ein kleines bisschen!
4. Oktober 2023 Sr. Jona Marie
Als ich das erste Mal am vergangenen Wochenende die Kapelle des Bildungshauses St. Rupert in Traunstein betrete, fallen mir sofort die Kapellenfenster ins Auge: sie stellen die Jona-Geschichte dar. Eine Geschichte, die mir sehr vertraut ist und mir immer wieder unter die Haut geht. Als mein Blick auf das Fenster fällt, das den Wal darstellt, muss ich schmunzeln: Einfach nur genial! Nicht wegen des schönen Fensters, sondern weil direkt darunter ein Notausgangsschild befestigt ist!
Genau so was brauche ich jetzt! Einen Notausgang, einen Fluchtweg, einen Weg aus dem Chaos. Doch wo ist der Wal, der mich in die Tiefe führt? Der mich aus der Verzweiflung und den unlösbaren Fragen rettet? In dem ich DICH finde und in DEINER Geborgenheit neue Kraft schöpfen kann?
Manchmal gibt es (noch) keine Antwort. Manchmal sind da nur das wild schäumende Meer und die blanke Angst. Das Einzige, was bleibt, ist Vertrauen. Das Vertrauen, das ich nicht ertrinken werde und ein Wal kommen wird, der mich rettet.
11. Juni 2023 Sr. Jona Marie
Ich sitze müde in meinem Zimmer, die Tür ist geschlossen.
Fragen über Fragen in meinem Kopf:
Wo bist DU, die Leben schafft?
Warum erfüllst DU mich nicht mit Deiner Kraft?
Wo ist Leben, Licht und Glut?
Warum gibst DU mir nicht Kraft und Mut?
Warum öffnest DU mir nicht meinen stummen Mund?
Und machst der Welt die Wahrheit kund?
Wo ist die Liebe, die mein Herz durchglüht?
Warum entflammst DU nicht meine Sinne und Gemüt?
Warum schenkst DU uns nicht Deinen Frieden allezeit?
Und bannst die Macht des Bösen weit?
Ich möchte Dich doch so gern sehn und dich verstehn!
Ich möchte Dir vertraun, das Leben spürn!
Stille – keine Antwort – dann, nur eine Frage:
Warum stehst du nicht auf und öffnest die Tür?
24. Mai 2023 Sr. Jona Marie
Es ist früher Morgen, die Sonne geht gerade auf und ich sitze beim Frühstück in meinem neuen Konvent in München. Fasziniert schaue ich zur Fensterbank, auf der ein Blumentopf mit frischen Narzissen steht. Tag für Tag kann ich ihr Wachsen bestaunen. Ganz selbstverständlich tun diese Pflänzchen das, was ihnen zum Leben hilft: sich zur Sonne, zur Wärme, zur Lebensenergie ausrichten. Nie käme so eine Narzisse auf die Idee, sich von der Sonne abzuwenden oder gar in ihrer Knolle zu verharren. Nein, sie streckt sich allem entgegen, was sie leben lässt! Und das verhilft ihr zum Wachstum und zur Entfaltung.
Ich werde nachdenklich. Was bei einer Narzisse so einfach erscheint, kommt mir bei uns Menschen - und bei mir selber - so unendlich schwer vor. Richte ich mich nach dem aus, was mir zum Leben hilft? Oder lebe ich mit schlechten Kompromissen? Was lässt mich leben? Habe ich einen Zugang dazu? Wo spüre ich Wachstum, Energie?
Vielleicht können die kommenden Wochen bis Ostern eine Zeit werden, mal auf mein Leben unter diesem Blickwinkel zu schauen. Eines ist sicher: Gott will, dass wir leben! Nicht halb, nicht nur ein bisschen, sondern ganz und erfüllt.
27. Februar 2023 Sr. Jona Marie
Nur noch ein paar Schritte
Du wartest schon
auf mich
mit offenen Armen
auf mein JA
endlich
mühsam errungen
durch Dunkel hindurch
weglaufen nützt nichts mehr
Warum auch?
Deine Liebe
hat mich längst eingeholt
und will
eine Antwort.
13. Dezember 2022 Sr. Jona Marie
Als ich meinen letzten Beitrag geschrieben habe, saß ich noch mitten in der Großstadt Stuttgart. Jetzt schweift mein Blick über saftige, grüne Hänge und der Klang von Kuhglocken dringt an mein Ohr. Wir Franziskusschwestern leben in Wertach im Allgäu mit einem kleinen Konvent in der Fachklinik St. Marien – einer Einrichtung zur Vorsorge und Rehabilitation für Frauen in Familienverantwortung. Hier darf ich für zwei Monate im Rahmen meines Noviziats mitarbeiten und nebenbei natürlich auch die wunderschöne Gegend genießen.
Bereits zweimal hatte ich die Möglichkeit zum Starnberger See zu fahren. Bei meinem ersten Besuch war es traumhaft schön. Warmes Sommerwetter, in der Ferne das wundervolle Bergpanorama, glitzerndes Wasser und leuchtende Farben - einfach alles stimmte! Am liebsten wäre ich stundenlang dort sitzen geblieben und hätte ab und zu meine Füße ins Wasser getaucht. Die Freude dieses Tages klang noch lange in mir nach.
Gestern war ich wieder am See, aber dieses Mal bot sich mir ein ganz anderer Anblick. Das Wetter hatte umgeschlagen und es war düster und kalt. Graue Wolken hingen schwer über dem See und verbargen die majestätischen Berge in der Ferne. Die Welt schien ihrer Farben und ihres Glanzes beraubt. Als ich so im leichten Nieselregen am See stand, kam mir die Frage: Ist es in unserem Leben nicht oft auch so?
Wir dürfen Tage erleben an denen wir unter einem blauen Himmel liegen während uns ein warmer Wind um die Nase weht und die Welt klar und offen ist. Manchmal gibt es aber auch Tage, die uns niederdrücken und all das Schöne verbergen, was uns sonst Freude macht. Wie schaffen wir es dann einen Wetterwechsel herbei zu führen? Am wichtigsten finde ich folgende Erkenntnis: auch wenn die Welt voller grauer Wolken ist, so sind all die schönen Dinge ja trotzdem da – ich kann sie nur gerade nicht sehen. Mir persönlich hilft oft ein vertrauliches Gespräch, in dem sich meine Seele frei äußern darf. Dann merke ich schnell, dass ich selber diejenige bin, die die Welt in düstere Farben taucht. Sei es aus Angst oder weil mein innerer Kritiker wieder mal die Führung übernommen hat. Durch eine positive Resonanz und ermutigende Impulse kann es dann gut gelingen die Welt wieder in leuchtenden Farben zu sehen. Und wenn ich dann von neuem in der Sonne am glitzernden See sitze und meine Füße ins erfrischende Wasser tauche, spüre ich: ER sitzt neben mir und ER wird nicht weggehen, auch wenn das Wetter wieder umschlägt.
7. August 2022 Sr. Jona Marie
Mein erstes Praktikum im zweiten Noviziatsjahr hat mich nach Stuttgart ins Katholische Bibelwerk geführt. Seit März darf ich in der Geschäftsstelle des Bibelwerks mitarbeiten und einen Eindruck in das vielfältige Aufgabengebiet des Vereins gewinnen. Das Katholische Bibelwerk e.V. (so die offizielle Bezeichnung) erarbeitet mit einem Team von theologischen Referent:innen die drei Magazine Bibel heute, Bibel und Kirche und Welt und Umwelt der Bibel. Darüber hinaus stellt es jede Menge Material und die verschiedensten Publikationen für Bibelarbeit, Unterricht und persönliche Lektüre zur Verfügung. Das Bibelwerk engagiert sich auch in der Erwachsenenbildung und in Projekten zu den Themen Lectio Divina, Leichte Sprache und Ökumene. Wer sich für die Arbeit des Bibelwerks interessiert, findet auf der Website des Vereins viele weiterführende Informationen. Schaut rein, es lohnt sich!
Ich durfte bei Fortbildungsveranstaltungen zur Leichten Sprache dabei sein, Lectio Divina live in der Pfarrei und über Zoom erleben, ein Grafikbüro besuchen, bei der internationalen Konferenz des Bibliolog Netzwerks teilnehmen, und, und, und. Die meiste Zeit im Praktikum verbringe ich mit der Mitarbeit in den Redaktionen der drei eben schon genannten Magazine. Für mich ist es eine total spannende Erfahrung, an der Entstehung genau der Hefte mitzuwirken, die ich während meiner Studienzeit schon so gerne gelesen habe. Besonders hat es mich gefreut, dass ich für das Bibel heute Heft einen Beitrag verfassen durfte. Die aktuelle Ausgabe setzt sich mit der Schlange und ihrer Symbolik auseinander. Ich bin in die Rolle der Schlange geschlüpft und hab ihr eine Stimme verliehen, damit sie endlich mal ihre Meinung über ihre biblische Darstellung kundtun durfte. Neugierig? Meine Mitschwestern haben das Magazin schon aus dem Briefkasten gefischt. Wenn ihr auch Lust zum Lesen habt, hier erhaltet ihr das Heft.
Natürlich muss ich jetzt auch noch ein bisschen Werbung für den Katholikentag machen. Das Bibelwerk ist mit einem großen Zelt am Schlossplatz vertreten und wird im Zentrum Bibel und Spiritualität eine Fülle von Werkstätten, Vorträgen, biblischen Impulsen und Gesprächen anbieten. Vielleicht findet ihr ja den Weg zu uns – ich freu mich auf jeden Fall auf die Begegnung.
16. Mai 2022, Sr. Jona Marie
Der Morgen dämmert. Diese eigentümliche Zeit zwischen immer noch Nacht und noch nicht Tag. In dieser Dämmerung, in dieser Zeit, stehe ich am brennenden Feuer. Ich – und mein ganz persönliches Grab. Ich – mit alten Narben und frischen Wunden. Ich – mit all meinen Fragen, meinen Zweifeln, meiner Enttäuschung. Mit all meiner Angst, mit all meiner Traurigkeit. Ja, ich und mein Grab. Das knisternde Feuer lässt sich davon nicht abschrecken, es brennt und strahlt in die Dunkelheit. Ich lasse mich mitreißen von der Fülle der Symbole in dieser Osternacht. Ich brauche diese emotionale Liturgie: Das sich verteilende Licht, die feierlichen Lieder, laut tönende Glocken und klangvolles Orgelspiel. Die alten Geschichten, die mir so vertraut sind und doch immer wieder eine neue Botschaft für mich haben. Alles in dieser Nacht ruft mir zu: das Leben hat das letzte Wort, nicht der Tod! All das brauche ich, damit ich das begreifen kann, was letztlich unbegreiflich ist: Christus hat uns zum Leben befreit!
Gräber können eine große Macht haben, uns am Leben hindern. Und so stehe ich an diesem Ostermorgen da, wie Maria Magdalena. Weinend, vor meinem Grab. Aber ich bin nicht allein. Denn ER ruft mir zu: Geh! Geh weg vom Grab, vom Tod - von all dem, was dich am Leben hindert. Geh und erzähle vom Leben!
Inzwischen ist es Tag geworden. Kann ich der Botschaft dieser Nacht vertrauen? Beim gemeinsamen Osterfrühstück klingt noch vieles in mir nach. Eines ist spürbar: Die Osterfreude hat uns angesteckt und will uns hinübertragen in den Alltag. Nächste Woche werde ich wieder mitten in den Höhen und Tiefen meines zweiten Noviziatsjahres sein. Doch die Botschaft dieser Nacht will ich auf jeden Fall mitnehmen: Christus hat uns zum Leben befreit! Geh und erzähle vom Leben!
17. April 2022 Sr. Jona Marie
Der Evangelist Lukas erzählt eine Geschichte, in der Jesus seine Jünger auf eine Reise schickt (Lk 9, 1-6). Ich kann mir vorstellen, dass Jesus seine Weggefährten dazu bringen wollte, nicht nur Worte über ihn zu hören, sondern auch selbst Worte über ihn zu sprechen. Denn mit dem „Selber-Reden“ besteht die Möglichkeit ganz neue Erfahrungen zu machen. Jesus sendet seine Freunde nicht irgendwie los, sondern er gibt ihnen Kraft, seine Vollmacht und einen Auftrag: zu heilen und das Reich Gottes zu verkünden. Das bedeutet für mich: Er traut ihnen etwas zu, er will, dass sie in seinem Namen reden und von den Erfahrungen mit ihm berichten. Er schickt sie los, obwohl sie längst nicht alles von ihm verstanden haben.
In meinem Praktikum in der Klinikseelsorge komme ich mir auch manchmal wie die Jünger im Evangelium vor. Ich komme morgens ins Büro und da wartet eine Liste mit Namen auf mich, die mir meine Kollegen erstellt haben. Sozusagen mein ganz persönlicher Sendungsauftrag. Ich beginne mich auf den Weg zu machen. Dabei klingt in mir das Wort Jesu nach: „Nehmt nichts mit auf den Weg.“ Keinen Wanderstab aus Kommunikationsstrategien, um auf unbekannten Lebenswegen den Halt nicht zu verlieren. Keine Vorratstasche voller Argumente und Vorurteile. Kein Brot als Rückversicherung, um notgedrungen oder einfachhalber alleine essen zu können. Kein Geld, um mir Ansehen zu erkaufen und Neid zu wecken. Kein zweites Hemd, als blendenden Sicherheitspanzer, der keinen Blick in mein Inneres zulässt. All diese Dinge nicht mitzunehmen in die Begegnungen des Tages fordert mich heraus.
Vielleicht soll mich dieses Wort Jesu daran erinnern es mir nicht zu einfach zu machen. Um nicht alleine zu bleiben. Um mich auf den anderen einlassen zu müssen. Vielleicht soll ich deswegen fast nichts mitnehmen. Vor allem nichts, was mich auf Distanz halten könnte. Ja, all das klingt richtig anstrengend; ist anstrengend und gefährlich und kann Wunden nach sich ziehen. Aber die frohe Botschaft wird nicht in einer Vorratstasche von einem zum anderen getragen und wächst auch nicht in deren Dunkelheit, sondern in der verletzlichen Offenheit einer bedingungslosen Begegnung. In der letzten Woche durfte ich diese Erfahrung in dem ein oder anderen Gespräch machen. Und wer weiß, vielleicht wollte Jesus genau diese Erfahrung auch den Jüngern im heutigen Evangelium schenken, wenn er ihnen sagt: „Nehmt nichts mit auf den Weg!
23.09.2021, Sr. Magdalena
Es geht auf Mittag zu und ich gehe gut gelaunt im warmen Sonnenschein durch den Wald. Vögel zwitschern und gerade huscht ein Eichhörnchen über den Weg. Ich genieße diese Vormittage, wo ich mal fern vom Verkehrslärm und vom Trubel der Innenstadt in der Natur sein darf. Und was am schönsten ist: hier, mitten im Wald, liegt meine Praktikumsstelle. Na, schon eine Idee? Ich verrate es euch: ich arbeite einmal in der Woche ehrenamtlich im Tierheim Nürnberg mit. Die Tierpfleger haben alle Hände voll zu tun und sind dankbar für meine Unterstützung. Ich habe Tiere schon immer geliebt und bin mit Katzen aufgewachsen. Deshalb freut es mich sehr, dass ich im Rahmen meines Noviziatspraktikums hier tätig sein darf. Am liebsten bin ich natürlich bei den schnurrenden Wollknäueln auf vier Pfoten. Ich reinige die Katzenstuben und sorge für frisches Futter, während die Vierbeiner um mich herum sausen oder mich misstrauisch aus ihrem Versteck beobachten. Wenn alle Arbeit erledigt ist, gehe ich zum gemütlichen Teil über. Ein paar Runden mit den Katzen spielen und den Kleinen das Fell kraulen. Zur Belohnung bekomme ich dann ein zufriedenes Schnurren und darf in Augen schauen, die mich ganz verliebt anblicken.
So schön das alles im ersten Moment klingt – mir wird immer auch etwas schwer ums Herz, wenn ich die Katzen und Hunde hinter den Glasscheiben sehe. Diese Tiere sind hier, weil Menschen sie nicht mehr haben wollten, sie ausgesetzt haben oder weil sie Opfer von illegalem Tierhandel geworden sind. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch Tiere ein Recht auf ein gutes und geschütztes Leben haben. Dabei sehe ich mich verwurzelt in der franziskanischen Tradition. Schon Franziskus von Assisi hat den Tieren gepredigt, gemäß dem Auftrag Jesu „Verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ Jesu Leben, Tod und Auferstehung – in dieses Heilsgeschehen ist die gesamte Schöpfung eingeschlossen. Ist das nicht ein Wahnsinnsgedanke? Wie anders ist das, wenn ich so einen Baum, eine Ameise, einen Schmetterling oder eben eine Katze betrachte. Vor allem fordert es mich täglich heraus meinen Umgang mit der Schöpfung zu reflektieren und verantwortungs- und respektvoll zu handeln. Vielleicht auch eine Einladung an euch, liebe Leser*innen?
1. September 2021, Sr. Jona Marie
Nach Exerzitien und Urlaub bin ich wieder mitten im Großstadtalltag angekommen. Meine Gedanken streifen sehnsüchtig zurück an ein Erlebnis während meiner stillen Tage im Exerzitienhaus in Hofheim. Während der Mittagspause an einem wunderschönen, sonnigen Tag, breche ich auf zu einem Spaziergang. Mein Weg führt mich durch den Hofheimer Stadtwald, den Kapellenberg hinauf. Auf seiner Kuppe erhebt sich eine Stahlkonstruktion in luftige Höhen: der Meisterturm. Etwas mulmig ist mir schon zumute vor dem Aufstieg. 173 Stufen liegen zwischen mir und der Aussichtsplattform in 32 Metern Höhe. Ein Perspektivwechsel erfordert eben eine gewisse Anstrengung, denke ich mir und steige Stufe für Stufe den Turm hinauf.
Verschwitzt und außer Atem erreiche ich schließlich die Aussichtsplattform. Der Aufstieg hat sich gelohnt. Vor mir breitet sich die Mainebene aus, ich sehe Frankfurt mit seiner Hochhaussilouette und in der Ferne den Hochtaunus. Während mir ein erfrischender Wind um die Nase weht komme ich zur Ruhe und genieße diesen wunderschönen Weitblick. Von hier oben sieht alles anders aus und ich selber fühle mich entrückt von den Sorgen und der Enge des Alltags. Von unten hallen plötzlich Schritte nach oben. Ein kleiner Junge, den der Aufstieg nicht im mindesten aus der Puste bringt, springt fröhlich Stufe für Stufe nach oben und landet kurze Zeit später neben mir auf der Plattform. Mit Begeisterung schaut er ebenfalls in die Ferne. „Du bist aber mutig, dass du hier oben auf den Turm kommst“, sage ich zu ihm. Seine Mutter höre ich einige Ebenen tiefer die Treppen hochschnaufen. Der Junge erklärt mir eifrig, wo sein Haus zu finden sein müsste und schaut suchend auf das Meer von Häusern hinab.
Wie lohnenswert ist es doch, hin und wieder mal die Perspektive zu ändern. Dann sehe ich vieles anders, neue Zusammenhänge werden sichtbar. Ich nehme mich raus und schaue mit einem ruhigen, geweiteten Blick auf mein Leben. Vielleicht gewinne ich neue Einsichten und mir fällt etwas auf, was ich vorher gar nicht gesehen habe. In der Bibel sind Berge Orte der Gottesbegegnung. Sicher gilt das auch für einen Turm. Das, was ich hier spüren und erkennen darf, kommt mir von IHM entgegen.
Als die Mutter des Jungen endlich auch die Aussichtsplattform erreicht, ruft der Kleine stolz aus: „Ich hab unser Haus gefunden!“ Ich freu mich mit ihm und hoffe, dass ich dieses Gefühl der Weite und Gottesnähe in meinen Alltag hinüberretten kann.
4. August 2021, Sr. Jona Marie
Neun intensive Wochen liegen hinter mir. Zusammen mit Sr. Magdalena, sieben Novizinnen und zwei Postulantinnen aus verschiedenen franziskanischen Gemeinschaften, war ich beim Noviziatsprojekt der Infag in Luxemburg. Im großen und lebendigen Mutterhaus der Franziskanerinnen von der Barmherzigkeit fanden wir eine überaus gastfreundliche und herzliche Aufnahme. Unsere Tage waren gefüllt. Jede Woche kamen verschiedene Referent*innen ins Haus und arbeiteten mit uns zu unterschiedlichen Themen franziskanischer Spiritualität, wie z.B. Nachfolge, Geschwisterlichkeit und Gemeinschaft, Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Natürlich kam auch das gemütliche Miteinander nicht zu kurz und Ausflüge machten uns mit Land und Leute bekannt.
Oft wird in Ordensgemeinschaften die Klage über mangelnden Nachwuchs laut. Hier war er nun versammelt. Junge, fröhliche und energiegeladene Schwestern, die ihren ganz persönlichen Weg suchen. Nicht immer ist das leicht und oft gibt es mehr Fragen als Antworten. Die Gelegenheit zum Austausch und gemeinsamen Nachdenken war wohl der wichtigste Punkt bei diesem Projekt.
Auch mir selbst kamen sehr viele Fragen in dieser Zeit. Nicht selten schien mir der Weg, den ich als Novizin gewählt habe, von Steinen übersät. Trotzdem konnte ich am Ende dieser herausfordernden Wochen sagen, dass ich ein Stück gewachsen bin. Aus eigener Kraft hätte ich das nicht geschafft. Es ist wie bei diesen Kletterpflanzen, die ich eines Tages im Mutterhausgarten entdeckt habe. Sie suchen sich einen starken Baum, an dem sie sich emporranken können. Allein haben sie keine Chance zu wachsen. Sie brauchen einen festen Halt, dann steht dem Wachstum nichts mehr im Wege.
Für mich ist dieser Halt, Gott. Wenn ich mich an ihm festhalte, ja manchmal sogar festklammere, dann spüre ich Sicherheit und Unterstützung. Dann kann und darf ich wachsen, Er hält mich. Und noch etwas sagt mir dieses Bild von der Kletterpflanze: Ich muss nicht ein starker Baum sein, der jedem Wind und Wetter trotzig entgegensieht. Ich darf mich festhalten und ich darf mich tragen lassen.
15. Juli 2021 Sr. Jona Marie
Manchmal gibt es sie. Diese Momente, wo Gott plötzlich ganz nahe ist. Wo er mich anrührt und aufrüttelt, mitten im Alltag. Vor ein paar Tagen habe ich meinen Bruder im Krankenhaus besucht. Sein Zustand hat mich sehr betroffen gemacht. Noch mehr seine Schilderungen des Pflegepersonals. Das ist scheinbar total überfordert und vernachlässigt ihn stark. Nicht gerade das, was ich mir für meinen Bruder jetzt wünsche. So verließ ich in einem Gefühlsmix aus Ärger, Traurigkeit und Ohnmacht das Krankenhaus. Als ich draußen zum Himmel schaue, leuchtet mir ein strahlend bunter Regenbogen entgegen. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Was willst du mir denn damit sagen, Gott? Die Worte „Vertraue“ und „Hoffe“ gehen mir durch den Kopf. Und ein kleines Glücksgefühl strömt durch meinen Körper. Als ich kurze Zeit später im Zug nach Hause sitze, ist meine Stimmung schon wieder auf dem Tiefpunkt. Zu schwer wiegen meine Eindrücke. Warum hat es ausgerechnet meinen Bruder so stark erwischt? Warum muss er soviel leiden? Warum hat er das Pech, ausgerechnet jetzt so unfreundliche Pflegekräfte um sich zu haben? Warum lässt Gott das zu? Gibt es überhaupt noch nette Menschen? Irgendwie ist doch die ganze Welt schlecht. Wie gesagt, meine Stimmung war ziemlich weit unten.
Als sich der Zug dem Nürnberger Bahnhof nähert, begebe ich mich schonmal zum Ausgang und schaue zum Fenster raus. Einer der Zugbegleiter steht in der Nähe und fragt mich: „Na, sieht doch schön aus draußen, oder?“ Ich bin einigermaßen überrascht, dass der junge Mann solch eine Freundlichkeit ausstrahlt und mich direkt anspricht. Gemäß meiner Gefühlslage antworte ich: „Nein, nicht so schön.“ Ich kann sein Lächeln nicht sehen wegen der Maske, aber seine Augen strahlen, als er zu mir sagt: „Es gibt immer etwas Schönes zu entdecken, Sie müssen nur einen Blick dafür haben!“ Dieser Satz trifft mich mitten ins Herz, mitten in meine trüben Gedanken. Eine Welle positiver Energie durchflutet mich plötzlich. Mir steigen Tränen in die Augen. Ich schaffe es noch meine Zustimmung zu bekunden und mich von dem netten Zugbegleiter zu verabschieden. Für mich war dieser Mann ein Engel, durch den mir Gott sagen wollte: „Hey, verlier dich doch nicht in deiner Traurigkeit und deinen dunklen Gedanken. Ich bin doch da. Vertrau mir! Gib die Hoffnung nicht auf! Es gibt so viel Schönes. Du musst es einfach nur sehen wollen.“ Diese Begegnung werde ich so schnell nicht vergessen. Danke, Gott!
17. März 2021 Sr. Jona Marie
Vor Kurzem habe ich die Bildergalerie meines Handys durchgescrollt. Dabei ist mir das nebenstehende Bild aufgefallen. Jemand hat es letztes Jahr beim Wort-Gottesdienst am Aschermittwoch aufgenommen. Damals durfte ich das erste Mal jemandem ein Aschenkreuz auf die Stirn zeichnen und die Worte zusprechen:"Kehr um und glaube an das Evangelium!" Wenn ich jetzt daran denke, bekomme ich immer noch Gänsehaut.
Für mich ist es ermutigend, diese Worte am Beginn der Fastenzeit zu hören. Ist diese Zeit doch eine Möglichkeit, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Und was könnte wesentlicher sein, als sich jeden Tag neu auf den Weg zu machen, um die Liebe zu leben und so Gottes Botschaft in die Welt zu bringen?! Ganz besonders in diesen herausfordernden Zeiten, die geprägt sind von Verlusterfahrung, Angst und Unsicherheit.
Für mich sind gerade jetzt die Worte „Kehr um und glaube an das Evangelium“ wie die Worte eines Freundes, der mir sagt: Hab Mut, vertraue deinem inneren Kompass und folge ihm auf dem Weg zur Liebe. Dieser Kompass ist für mich der Geist Gottes, der in allem wirkt und mich sicher führen wird. Das heißt nicht, dass es immer leicht sein wird, IHM zu folgen; führt er mich doch an so manches Hindernis, an so manche unangenehme Wahrheit heran, die gesehen werden will, ehe ich einen neuen Weg einschlagen kann.
Für mich ist das Anerkennen des Lebens, wie es ist, eine Art und Weise der Umkehr - und somit Hinkehr dazu, die Liebe zu leben. Ich kann sagen, dass mir das oft nicht leicht fällt. Und doch vertraue ich immer wieder dem Geist Gottes, denn er hat mich bisher - so schmerzhaft es manchmal auch war - immer zum Leben und zur Liebe navigiert. In diesem Sinne: Nur Mut! "Kehr um und glaube an das Evangelium!"
16. Februar 2021 Sr. Magdalena
„Wie bitte? Ich bin doch kein Esel!“ Vielleicht hat sich das die eine oder andere beim Lesen der Überschrift gedacht. Esel haben keinen besonders guten Ruf. Die meisten Menschen assoziieren mit ihnen Dummheit und Faulheit. Doch damit liegen sie völlig falsch. Der Esel ist tatsächlich ein besonders kluges Tier. Wegen seiner Furchtlosigkeit und seinem Gespür für Gefahren wird er sogar eingesetzt um Schafherden vor Wildtieren zu beschützen.
Warum ich euch von Eseln erzähle? Letzte Woche hatte ich online Noviziatsschulung. Pater Hollweck von den Jesuiten arbeitete mit uns zu dem Thema „Unterscheiden und Entscheiden“. Er erzählte uns auch die Geschichte von Bileam und seiner Eselin aus dem Alten Testament (Num 22,21-35). Bileam, ein Seher, reitet mit seiner Eselin einen Weg entlang als sich ihm plötzlich der Engel des Herrn mit gezücktem Schwert in den Weg stellt. Bileam hat nämlich gerade etwas vor, was Gott ganz und gar nicht gefällt. Seine Eselin sieht den Engel und weicht ihm aus. Bileam aber sieht gar nichts und wird zornig über das Verhalten seiner Eselin.
Die Eselin in dieser Geschichte kann man auch deuten als unsere inneren Regungen. Damit meint die ignatianische Spiritualität unsere Gefühle, Stimmungen und Körperempfindungen. Sie verraten viel über uns und eignen sich gut als Navigationshilfe. Wer ständig nur mit seinem Kopf unterwegs ist, läuft irgendwann gegen die Wand. Gerade in Entscheidungsprozessen ist es wichtig auf unser Inneres zu hören. Was will mir der Esel in mir sagen? Welche Gefühle nehme ich wahr? Wie fühlt sich mein Körper an? Spürt öfters mal in euch hinein und vertraut eurem inneren Esel!
2. Februar 2021 Sr. Jona Marie
Lange habe ich keinen neuen Blogbeitrag mehr geschrieben. Während der vergangenen Monate ist viel passiert. Zuerst einmal waren da die Vorbereitungen auf meine Einkleidung und auf den Umzug in den Noviziatskonvent. Am 5. Dezember 2020 wurde ich dann ins Noviziat aufgenommen und erhielt den Namen Sr. Jona Marie. Einen kleinen Bericht dazu findet ihr unter Aktuelles. Kurz darauf bin ich nach Nürnberg in unseren kleinen Ausbildungskonvent umgezogen. Kaum hatte ich mich etwas eingelebt, wurde ich persönlich sehr stark gefordert, weil der Corona-Virus nun auch in meiner Familie zugeschlagen hat. Eine schwere Zeit für mich, die immer noch nicht überstanden ist.
Genau an dieser Stelle möchte ich die Frage aus meinem letzten Beitrag wieder aufgreifen: was ist der Unterschied zwischen Ordensleben und Leben außerhalb des Klosters? Sicher gibt es mehr als einen Unterschied. Zumindest ein wichtiges Merkmal von Ordensleben möchte ich euch hier vorstellen, weil es mich selber gerade sehr beschäftigt. Es geht um das Einhalten einer bestimmten Ordnung. Wer nicht im Kloster lebt, hat die Freiheit sein Leben so zu gestalten, wie es persönlichen Vorlieben und Launen entspricht. Bei uns Ordensschwestern läuft das anders. Wir richten unser Leben nach den Konstitutionen aus. Diese legen fest, wie wir unser Leben gestalten sollen.
Ich möchte das am Beispiel meines Noviziatsalltags verdeutlichen. Jeder Tag hat eine feste Struktur. Mein Tagesablauf folgt einem vorgeschriebenen Plan, in dem es z.B. eine Zeit gibt, in der ich mich der Schriftmeditation widme und einen Tagesrückblick halte. Nun kann es vorkommen, dass ich müde bin oder abgelenkt und nicht wirklich Lust habe das zu machen, was mein Plan mir vorschreibt. Genau dann ist es wichtig, dem nicht nachzugeben. Hier greift die alte Mönchsweisheit: Halte die Ordnung und die Ordnung hält dich. Wer seinem Leben Regeln und Struktur gibt, wird früher oder später die Erfahrung machen: ich werde getragen! Genau dann, wenn mein Leben aus den Fugen gerät, ist die klösterliche Ordnung etwas, was mein Lebensschiff vor dem Kentern bewahrt. Wenn mich meine Sorgen aus dem Gleichgewicht bringen wollen, dann ist diese Ordnung wie ein Netz, das mir Halt gibt.
Probiert es doch selber mal aus. Reserviert in eurem Tag eine feste Zeit, z.B. für das Gebet oder das Lesen eines Bibeltextes. Macht das über einen längeren Zeitraum und beobachtet, was sich in eurem Leben verändert!
10. Januar 2021 Sr. Jona Marie
Das ist eine Frage, die ich als Postulantin öfters höre. Nun, als erstes ist festzuhalten: kein Tag gleicht dem anderen. Ich versuche mich jetzt mal an einer - sicher unvollständigen - Zusammenstellung. Normalerweise beginnt mein Tag mit der Laudes und der Feier der heiligen Messe in der Kapelle des Mutterhauses. Wenn ich Sakristeidienst habe, stehe ich um 6 Uhr auf, damit ich noch genug Zeit habe, um alles für die Messfeier her zu richten. Bei der Laudes übernehme ich gerne hin und wieder mal die Rolle der Lektorin, d.h. ich singe zusammen mit der Kantorin die Psalmen und trage eine kurze Lesung vor. Nach dem Gottesdienst frühstücke ich gemeinsam mit meinem Konvent. Ich gehöre zum Konvent San Damiano, zu dem drei Schwestern gehören.
Bis zum Mittagsgebet um 11 Uhr 45 ist Arbeitszeit. Die kann ganz unterschiedlich aussehen: wenn ich mit Kochen dran bin, gehört der Vormittag der Vorbereitung des Mittagessens. Oder es fallen verschiedene Hausarbeiten, wie Wäsche waschen oder Zimmer putzen an. Einkaufen gehört auch immer wieder mal zu meinen Aufgaben. Oft sitze ich an meinem PC und erledige verschiedene Schreibarbeiten, wie z.B. die Arbeit an meinem Buchprojekt. Es kann aber auch vorkommen, dass ich Termine wahrnehmen muss und dann den ganzen Vormittag unterwegs bin. Einmal in der Woche arbeite ich in der Internetredaktion des Erzbistums Bamberg mit. Das ist immer sehr abwechslungsreich und ich freue mich auf das Zusammentreffen mit den Kollegen.
Wenn ich nicht außer Haus bin, dann bete ich zusammen mit meinem Konvent um viertel vor Zwölf das Mittagsgebet und anschließend gibt es Mittagessen. Das ist auch immer eine Zeit des Austauschs, denn wir hören uns gegenseitig zu, wie der Tag bisher verlaufen ist. Wenn der Abwasch erledigt ist, gibt es die Möglichkeit zu einer kleinen Mittagspause. Ich gehe dann gerne raus spazieren. Am Nachmittag ist dann wieder Arbeitszeit bis zur Vesper. Dann kümmere ich mich auch mal um unsere Hühner, d.h. füttern, Stall sauber machen oder ein ausgebüxtes Huhn wieder einfangen. Um 18 Uhr beten wir zusammen die Vesper. Am Abend übe ich mich in Meditation oder lese. Hin und wieder schauen wir auch gemeinsam einen Film an.
Nun könnte einer fragen: was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Ordensleben und Leben außerhalb des Klosters? Denn, was ich mache, unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht unbedingt von dem, was viele andere Menschen auch machen. Dieser spannenden Frage möchte ich in meinem nächsten Blogbeitrag nachgehen. Also bleibt dran!
25. Oktober 2020 Postulantin Daniela
Angefangen hat dieser Samstag wie jeder andere Tag. Als der Morgen dämmerte, wurden wir aus unserem Häuschen gelassen. Angelo krähte dann wie jeden Morgen so laut, dass alle Schwestern im Mutterhaus drüben bestimmt aus ihren Betten gefallen sind. Den Vormittag habe ich damit verbracht genüsslich im Erdboden zu scharren und die eine oder andere Leckerei zu finden. Berta war mir dabei dauernd im Weg und hat versucht mir meine Leckerbissen wegzuschnappen. Dieses Huhn ist echt nervig. So weit, so alltäglich. Was dann passierte überstieg meine kühnsten Träume.
Am frühen Nachmittag kam Postulantin Daniela mit einer geheimnisvollen Kiste in unser Gehege. Ich freute mich schon auf eine tolle Überraschung – aber dann wurde ich etwas unsanft gepackt und in die Kiste gesteckt. Das fand ich gar nicht nett. Zu allem Unglück gesellte sich kurze Zeit später Berta zu mir. Schlimmer konnte es jetzt doch gar nicht mehr kommen. Die Kiste wurde hochgehoben und nach kurzer Zeit – ich dachte, ich werde seekrank – in ein Auto verfrachtet. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo diese Fahrt hingehen sollte. Als das Auto am Ziel angekommen war und ich eine kleine Auseinandersetzung mit Berta hinter mir hatte, wurden wir wieder rausgehoben. Seltsame Geräusche drangen an mein Ohr. Glockengeläut, Hundegebell und Pferdegewieher. Wo waren wir bloß gelandet?
Endlich wurde die Kiste geöffnet und ich wurde rausgehoben. Über mir ragten die Türme der Basilika Vierzehnheiligen empor. Und als ich in die Runde blickte traute ich meinen Augen nicht. Der Basilikavorplatz war gefüllt mit etlichen Menschen und vielerlei Tieren. Das war mir schon etwas unheimlich. Riesige Pferde, bellende Hunde, sogar ein kleines Kälbchen gab es und eine Gruppe Alpakas. Wie gut, dass mich Sr. Magdalena fest im Arm hielt. Dann schritt ein seltsam gekleideter Mann, den sie Pater Stanislaus nannten, zum Franziskusbrunnen.
Was er sagte, fand ich echt interessant. Er erzählte vom heiligen Franziskus, der Vorbild für Naturschützer ist und der Gott gelobt hat für ALLE seine Geschöpfe. Durch ihn soll den Menschen ihre Verantwortung und Fürsorge für die Natur ins Bewusstein gerufen werden. Der Mensch ist durch seinen Egoismus und seine Gier nach immer mehr für das Aussterben vieler Arten verantwortlich. Sein Mangel an Rücksicht auf die Schöpfung führt letztlich zur Selbstzerstörung.
Oh je, was bin ich froh, ein Huhn zu sein und kein zerstörerischer Mensch. Als Pater Stanislaus seine Rede beendet hatte kam er direkt auf mich zu und bespritze mich mit Wasser. Wie ich hörte, war das kein normales Wasser, sondern Weihwasser, mit dem ich gesegnet wurde. Da fühlte ich mich richtig stolz so geehrt worden zu sein. Ich, ein Geschöpf Gottes, bin unendlich wertvoll und das sollten alle Menschen heute verstehen. Ich muss sagen, dieser Ausflug hat sich wirklich gelohnt!
03.Oktober 2020 Postulantin Daniela und Huhn Susi
Vor kurzem habe ich eine alte Bekannte auf der Straße wieder getroffen. Wir sind gemeinsam zur Schule gegangen und haben uns dann aus den Augen verloren. Sie ist wie ich auf dem Dorf groß geworden. Dort spielt Glaube in Verbindung mit Tradition eine große Rolle. Die Bekannte hat mir erzählt, dass sie aus der Kirche ausgetreten ist. Nicht, weil ihr der Glaube an Jesus Christus nichts mehr bedeutet, sondern weil sie die verschiedenen Positionen von Kirche nicht mehr mittragen kann.
Ich kann sie verstehen, ist mir doch selbst so manches, was gerade in der katholischen Kirche los ist, unbegreiflich. Sie hat mich gefragt, warum ich mich in einer Kirche, die so oft mehr Wert auf den Erhalt der makellosen Fassade legt als auf die Annahme der Gebrochenheit und das Wachsen in der Liebe, auch noch als Ordensfrau - mit meinem ganzen Leben - engagieren kann.
Meine Antwort fällt ganz schlicht aus: Weil es auf jede und jeden Einzelnen ankommt. Auch wenn ich selbst oft an den Machtstrukturen und dem ganzen drum herum verzweifle, kommt es für mich darauf an, dort wo ich gerade stehe in meiner Leere, meinen Fragen, meinen Zweifeln, das zu leben, was ich vom Evangelium verstanden habe. Wenn ich in die Geschichte der Kirche blicke, sehe ich keine reine Erfolgsgeschichte, sondern eine Konfliktgeschichte, die in der Spannung der Verschiedenheit und der Gebrochenheit im Alltag gelebt werden will. Und so möchte auch ich mich jeden Tag neu auf den Weg machen und mich in dieser Spannung einwurzeln und sein.
27. September 2020, Sr. Magdalena