"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Alltagsgeschichten
Christus als Spiegel
Letzte Woche war ich auf Exerzitien. Es war eine Zeit der Stille um einen inneren Weg mit Gott zu gehen. Dieser Weg hat mich aus dem Dickicht des Alltags und der Gewohnheit hinabgeführt in die Tiefe meines Herzens.
Dabei ist mir ein Satz, den die Hl. Klara Agnes von Prag geschrieben hat, zum Kompass geworden: "In diesen Spiegel, Christus, schaue täglich und spiegele stets in ihm dein Angesicht."
Gott in allen Dingen, ob schön oder nicht, zu entdecken und erfahren zu dürfen, dass er der Freund des Lebens ist, der in Liebe überall auf uns wartet, ist mir in dieser Zeit wieder neu zur Kraftquelle geworden.
17. September 2020 Sr. Magdalena
Stille und Schweigen
Ich sitze auf einer Bank am Bahnsteig im Frankfurter Hauptbahnhof und warte auf meinen Zug. Die Temperaturen sind gefühlt auf Saunatemperatur und ich bin gerade ziemlich überfordert von all den Eindrücken. Eine Lautsprecherdurchsage jagt die nächste: Notarzteinsatz am Gleis, Zugverspätung, Verzögerungen im Betriebsablauf. Es ist Freitag und Menschen eilen kreuz und quer durch die Bahnhofshalle.
Hinter mir liegen Tage der Stille und des Schweigens. Wehmütig denke ich an meine Exerzitien und wünsche mich fast wieder zurück in diese wohlige Atmosphäre, wo Gott so viel näher schien als jetzt. Ich war für einige Tage im Exerzitienhaus der Franziskaner in Hofheim. Es war eine Zeit gefüllt mit Impulsen, die aus dem Herzen kamen. Mit Stille, Schweigen, Natur erleben und - Malen. Das war für mich das entscheidende Auswahlkriterium für diese Exerzitien. Mit Pastellkreide durfte ich mein inneres Erleben aufs Papier bringen. Für mich war das eine große Hilfe, um mir selber auf die Spur zu kommen. Und jetzt erinnern mich diese Bilder jeden Tag an das, was Gott in mir bewegt hat. Worte greifen da zu wenig, aber ein paar habe ich hier: Weite erleben, mich öffnen, ausstrecken nach dem Licht, mich anrühren lassen von dem, der mich liebt.
Das alles in den Alltag mitzunehmen und jeden Tag zu leben – das sehe ich jetzt als meine Aufgabe. Und die ist ehrlich gesagt gar nicht so leicht.
30. August 2020, Postulantin Daniela
"Für wen haltet ihr mich?"
Jeden Tag gehe ich an dem Korpus vorbei. Er liegt auf der Kommode neben der Durchgangstür zum Büro der Einrichtung. Daneben liegt der Anstecker und ein rotes Herz aus Holz. Er ist mir noch nie so richtig ins Auge gefallen. Heute beim Putzen bin ich mit meinem Blick länger an dem Arrangement hängen geblieben. Da kam mir die Frage Jesu aus dem heutigen Sonntagsevangelium in den Sinn: "Ihr aber, für wen haltet ihr mich?"
Eine Frage, die ich nicht mit dem Verstand beantworten kann. Es ist für mich eine Herzensangelegenheit auf die jede und jeder seine eigene Antwort finden darf. Meine Antwort auf die Frage ist in dem Bild zu sehen. Die Herausforderung bleibt jeden Tag so zu leben, dass auch andere Menschen zu ihrer ganz persönlichen Antwort finden können.
23. August 2020, Sr. Magdalena
Sonntagsgedanken
Die Tageslesung vom heutigen Sonntag geht mir nahe.
Elijah geht auf den Berg Horeb und zieht sich in eine Höhle zurück. Ich stelle mir vor, er hat eine stressige Zeit gehabt und will endlich mal wieder zur Ruhe kommen und seine Gedanken sortieren. Aber Gott sagt zu ihm, komm heraus. Stell dich.
Draußen vor der Höhle jagt eine Naturkatastrophe die nächste: Stürme, die Felsen zerreißen, ein Erdbeben und Feuer. Elijah bleibt weiter in der Höhle und schützt sich, bis ihn ein sanftes Säuseln aufhorchen lässt. Er macht sich auf und tritt heraus. Elijah hat jetzt den Mut sich dem was draußen auf ihn wartet zu stellen. Die Welt um ihn herum ist ruhig geworden, die Rahmenbedingungen stimmen.
Ich fühle mich heute Elijah sehr verbunden. Gerade nach einer Woche mit vielen, intensiven Begegnungen würde ich mich auch gerne in eine Höhle zurückziehen, um das Erlebte zu begreifen. Einmal nicht der Realität, den Stürmen, die mich dann und wann umherwirbeln ins Auge blicken, sondern auch mal die Decke über den Kopf ziehen und inne halten.
Mich fasziniert dieses sanfte Säuseln in dem sich Gott Elijah zeigt. Diese sanften Töne locken ihn aus der Höhle hervor. Sie helfen ihm sich Gott zu zeigen – wie er ist mit all seinen Möglichkeiten und Begrenzungen. So kann Elijah sich stellen: vor Gott, vor seine Lebensrealität. Für mich ist das eine tröstliche Erfahrung. Heute möchte ich auf die leisen Zwischentöne im Alltag achtgeben und mich dem, was Gott bereit hält, stellen.
09. August 2020, Sr. Magdalena
Autobahn oder Bergpfad?
Wenn ich mir meinen Alltag anschaue, dann läuft vieles bei mir automatisch ab. Ich brauche gar nicht nachzudenken. Immer dieselben Abläufe und Handgriffe. Immer dieselben Wege, die ich gehe, immer dieselben Worte, die ich benutze. Auf der einen Seite ist das gar nicht so schlecht. Wenn jeden Tag alles neu für mich wäre, dann würde das vermutlich ziemlich anstrengend werden. So hat der Alltag mit seinen Vollautomatismen auch etwas für sich.
Auf der anderen Seite hat dieser Automatikmodus aber auch riesige Nachteile. Ich vergleiche den Alltag gern mit einer Autobahn. Die Landschaft rauscht vorüber, ich fliege in Höchstgeschwindigkeit dahin. Einfach schnell von A nach B kommen, ohne Innehalten und Nachdenken. Das kann auf Dauer nicht gut sein. Da ist es notwendig auf die Bremse zu treten und auszusteigen. Langsam einen Pfad entlangzugehen. Einen Berg hinaufzusteigen. Stehenbleiben, innehalten, Ausschau halten. Neues entdecken, ungewohnte Wege finden.
Zur Zeit bin ich in Urlaub und das heißt für mich: komplett runter von der Autobahn und Zeit haben auf unbekannten Pfaden Abenteuer zu erleben. Mich mit Dingen beschäftigen, die im Alltag oft untergehen. Mein Herz und meine Seele atmen lassen. Ich bin aber überzeugt, dass wir nicht unbedingt im Urlaub sein müssen, um solche Momente zu erleben. Auch im Alltag ist das möglich. Tu einfach mal Dinge, die du noch nie getan hast! Ändere dein übliches Verhalten! Unterbreche wiederkehrende Gedankenmuster! Du wirst sehen, wie dein Alltag plötzlich ganz spannend wird.
19. Juli 2020, Postulantin Daniela
Aufbruch ins Praktikum
Die letzten Wochen waren für mich eine sehr bewegte Zeit. Es ging mal wieder ans Einpacken und Umziehen. Denn der erste Teil meines kanonischen Noviziatsjahres ist zu Ende gegangen. Das bedeutet konkret für mich, dass sich jetzt das erste Praktikum anschließt.
Meine aktuelle Situation kann man ganz gut mit den verschiedenen Abschnitten einer Berufsausbildung vergleichen. In jeder Ausbildung lernt man erst einmal den theoretischen Sachverhalt kennen und kann sich dann in einer Praxisphase ausprobieren und die Lerninhalte umsetzen. So in etwa ist das gerade bei mir. Im Rahmen des Noviziats lebe ich eine längere Zeit (in etwa 10-12 Wochen) in einem ausgewählten Konvent der Gemeinschaft mit und lerne den Alltag der Schwestern und ihre Tätigkeitsbereiche näher kennen.
Gerade bin ich im Konvent "Konradshof" in Vierzehnheiligen. Dort bekomme ich unter anderem einen Einblick in die Tätigkeit von Sr. Dorothea. Sie und ihr Team unterstützen und begleiten schwangere Frauen, Mütter und Väter mit ihren Kindern auf dem Weg in ein selbstständiges Leben. Wenn ihr mehr über die Einrichtung erfahren wollt schaut gerne mal auf der Homepage vom Konradshof vorbei und bleibt dran für mehr spannende Einblicke aus meinem Praktikum. Bis zum nächsten Mal.
11. Juli 2020, Sr. Magdalena
Interviews mit dem Leben
Ich bin mit dem Auto auf den Straßen in unserem Erzbistum unterwegs, im Gepäck mein Smartphone und ein paar Seiten mit Interviewfragen. An meinem Ziel angekommen schalte ich den Recorder auf meinem Smartphone ein und dann geht es auch schon los: eine Ordensschwester sitzt vor mir und erzählt aus ihrem Leben. Hin und wieder stelle ich ein paar Fragen, aber hauptsächlich lausche ich gespannt den Worten, die aus einem Leben erzählen, dass von Gott geführt wurde.
Die gerade beschriebene Situation durfte ich in den letzten Wochen häufiger erleben. Im Auftrag des Ordensreferats bin ich kreuz und quer im Erzbistum Bamberg unterwegs und führe Interviews mit Ordensleuten verschiedener Gemeinschaften. Eine spannende Aufgabe. Warum ich das mache? Ziel ist die Entstehung eines Buchs mit Lebensgeschichten von Ordensleuten.
Ich selbst bin ja gerade erst dabei in eine Gemeinschaft hineinzuwachsen und erlebe diesen Weg mit allen Höhen und Tiefen. Wenn ich dann höre, wie es anderen Schwestern und Brüdern auf ihrem Weg erging, tröstet und ermutigt mich das. Niemand hat wirklich einen leichten Weg gehabt. Immer gab es Herausforderungen zu bewältigen, waren Zweifel da und Tiefschläge. Aber das Schöne ist: jede und jeder hat auf ihrem Weg gespürt: Gott ist da in meinem Leben! Er führt mich und schenkt wahres und glückliches Leben. Dieser Gott ist immer für eine Überraschung gut!
Und so gehe ich gestärkt meinen Weg weiter und darf auch bei mir selbst erleben, dass Gott tatsächlich führt und mir Leben in Fülle schenken will.
2. Juli 2020, Postulantin Daniela
Noviziatsschule
Vor kurzem war ich auf Noviziatsschule in Münsterschwarzach. Die Noviziatsschule ist ein Zusammenschluss von evangelischen und katholischen Gemeinschaften, die sich in regelmäßigen Abschnitten treffen um Ausbildungsinhalte gemeinsam zu vertiefen. Das Thema der letzten Ausbildungseinheit war der evangelische Ratschlag der Armut. Was es damit auf sich hat möchte ich euch hier mitgeben.
Mit Armut verbinde ich im ersten Moment einen dauerhaften Mangel in der Befriedigung der Grundbedürfnisse. Das ist ziemlich unattraktiv und als Lebensform für mich nicht erstrebenswert. Hinter dem Begriff Armut versteckt sich bei genauerer Betrachtung noch mehr und das fasst ein Satz aus dem Leitbild von uns Franziskusschwestern für mich gut zusammen: „Wir machen und frei von jeder Form des Festhaltens.“ Hier möchte ich noch ergänzen: Ich übe frei zu werden von jeder Form des Festhaltens.
Für mich ist dieser Satz immer wieder herausfordernd. Denn mal ehrlich: wie oft halten wir an unseren Vorstellungen von der Welt, von Gott fest und wollen uns nicht bewegen. Und doch merke ich, dass sich im sein-lassen so manches Mal ganz ungeahnte kreative Kräfte freisetzen, die mir Leben in Fülle schenken. Dann ist diese Art Armut zu leben für mich eine attraktive Lebenshilfe.
23. Juni 2020, Sr. Magdalena
Kleider machen Leute!?
In unserem Nähzimmer wird fleißig gearbeitet. Da dieses Jahr meine Einkleidung noch auf dem Programm steht, müssen natürlich die passenden Kleider genäht werden. Heute durfte ich ein Kleid schon mal anprobieren. Der Gedanke, zum ersten Mal in meinem Leben ein extra auf mich zugeschnittenes Kleidungsstück zu tragen, brachte mich zum Schmunzeln.
Der Blick in den Spiegel warf bei mir aber auch einige andere Gedanken auf. Warum gehört zum Ordensschwester-Sein eigentlich ein Ordenskleid? Für viele Schwestern ist es ganz selbstverständlich ein Kleid zu tragen. Es gehört dazu und ist ein Zeichen nach außen. Eine Schwester drückt es ganz einfach aus: „Ich will Zeugnis geben von meiner Berufung!“ Eine andere Schwester ist in Bezug auf das Ordenskleid sehr gespalten: „Ich will mit meinem Ordenskleid zeigen, dass mir das wichtig ist einen intensiveren spirituellen Weg zu leben und bin mir gleichzeitig bewusst, dass es so auch oft nicht mehr verstanden wird.“ Deshalb differenziere sie sehr genau zwischen: wo kann sie das Ordenskleid zeigen und wo macht es auch Sinn - und wo werfe sie nur Fragen und Irritationen auf und wird gehindert, weil Menschen damit nichts anfangen könnten.
Diese beiden Statements brachten mich ins Nachdenken. Wie wird das bei mir sein? Werde ich zur Schwester, weil ich ein Kleid trage? Oder braucht es nicht viel mehr? Mir ist bewusst: Ein Kleid macht noch keine Schwester. Aber was dann? Ich möchte es als Wunsch formulieren: Menschen sollten in der Begegnung mit uns eine Tiefe spüren, die sie ins Nachdenken bringt und die ihr Leben bereichert. Das wäre doch ein guter Anfang…
18. Juni 2020, Postulantin Daniela
Pfingsten online
Dieses Jahr war Pfingsten für mich ganz besonders greifbar. Warum? Das möchte ich euch jetzt in diesem Beitrag erzählen.
Angefangen hat alles mit einem Hinweis, den ich auf Instagram entdeckt habe: Pfingstfest in Taizé online. In Taizé lebt eine ökumenische Brüdergemeinschaft. Ihre Hauptaufgaben sind: junge Menschen willkommen zu heißen, ihnen zuzuhören, Gemeinschaft erfahrbar zu machen und so einen von vielen Wegen der Gottesbegegnung offen zu halten.
Aufgrund der Covid19-Pandemie ist es den Brüdern nicht möglich diesen Aufgaben vor Ort nachzukommen. So haben sie Teile von dem, was Taizé ausmacht, kurzer Hand digitalisiert: die Begegnung mit Menschen aus unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen und das gemeinsame Suchen und Fragen nach Gott. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, mich mit Menschen aus aller Welt in einem virtuellen Obergemach zu treffen. Fast so, wie die Jüngerinnen und Jünger damals.
An Pfingsten haben die Apostel nach dem Empfang der Geistkraft in allen Sprachen davon erzählt, was sie mit Jesus erlebt haben. In der Gruppe haben wir zwar nicht in allen Sprachen gesprochen, aber uns auf Englisch vor dem je eigenen persönlichen und kulturellen Hintergrund darüber ausgetauscht, wie wir Gottes Geist im Alltag erfahren.
Für mich war das ein sehr bewegende und berührende Gesprächsrunde. Ich durfte Gottes Geist in der Gruppe durch Worte des Zuspruchs, in einem Lächeln und durch Fragen, die mich und meine Sicht auf die Welt in Frage stellen erfahren. Darüber hinaus ist mir der Geist Gottes schon an so manchem unerwarteten Ort entgegengekommen.
Bestimmt gibt es auch in deinem Alltag Momente, in denen dir die Geistkraft schon begegnet ist. Hab Mut und halte Augen und Herz offen!
8. Juni 2020, Sr. Magdalena
Paula, Susi und Emily
Wer sich beim Lesen der Überschrift gerade gefragt hat, ob es in Vierzehnheiligen drei Schwestern gibt, die Paula, Susi und Emily heißen, den muss ich leider enttäuschen. Die drei Namen gehören vielmehr unseren drei hübschen Hühnerdamen. Seit fast einem Jahr leben sie nun schon im Garten unseres Mutterhauses und bieten viel Gesprächsstoff für unsere Gemeinschaft. Außerdem werden wir täglich mit frischen Eiern belohnt - da weiß man, was man isst!
Franziskanische Spiritualität betont auch die Liebe zur Natur und zu den Geschöpfen. Für Franziskus war klar: in allem Geschaffenen schimmert das Göttliche durch.
Haus und Hoftiere setzen besondere Akzente in unserem Leben und tragen nachweislich zur Steigerung des Wohlbefindens bei. Mir tut es gut, wenn ich mich nach einem arbeitsreichen Tag in unser Hühnergehege setze und den drei einfach nur zuschaue oder ihnen über ihr weiches Federkleid streiche.
Wie gut wäre es, wenn der franziskanische Gedanke, dass Tiere unsere Geschwister sind, in den Köpfen all jener Menschen ankäme, die für industrielle Massentierhaltung verantwortlich sind!
28. Mai 2020, Postulantin Daniela
Wohnungssegnung
Franziskanisch unterwegs zu sein bedeutet für mich im Aufbruch zu leben und im Unerwarteten Gott zu begegnen. Um sich immer wieder neu auf den Weg machen zu können braucht es auch eine feste Basis. Für mich ist das zum einen das Verwurzelt-sein in Gott, das sich z.B. in meinem Gebetsleben ausdrückt und ganz konkret auch die Verankerung an einem Wohnort an dem ich neue Kraft schöpfen kann.
Nach einer längeren Phase von Umbau- und Renovierungsarbeiten haben wir uns als Ausbildungskonvent in Nürnberg niedergelassen. Am Beginn dieses neuen Abschnitts war es uns wichtig Gott um seinen Segen für die neuen Räume zu bitten in denen wir Brot und Leben miteinander teilen.
So haben wir am Sonntagnachmittag in einer liturgischen Feier Gottes Segen für uns und alle, die zu uns kommen erbeten. Danach haben wir bei Kaffee und Kuchen den Einzug gebührend gefeiert und den Tag in schwesterlicher Gemeinschaft ausklingen lassen.
17. Mai 2020, Sr. Magdalena