„1921 war ein entscheidendes Jahr für ihre Geschichte. Ihre Gemeinschaft wurde als Diözesankongregation der Erzdiözese Bamberg anerkannt und zugleich dem Franziskaner Orden aggregiert. Dass beide Ereignisse in das gleiche Jahr fielen, war vielleicht ein Zufall. Aber ich denke, sie gehören eng zusammen, auch wenn sie in unterschiedliche Richtungen weisen“, so Provinzial Pater Cornelius Bohl ofm beim Festakt.
Die kirchliche Anerkennung bedeutet, jetzt waren sie endlich eine eigenständige Gemeinschaft. Zugleich haben sie sich spirituell bewusst dem ersten Orden der Minderbrüder und damit der großen Franziskanischen Familie angeschlossen. Der Begriff „Aggregation“ hat eine gemeinsame Wurzel mit dem lateinischen Wort „grex“ - die Herde. Sie wollten also bewusst in einer größeren Gruppe unterwegs sein.
„Was sie in ihrem Doppeljubiläum feiern, gehört zueinander wie zwei Seiten derselben Medaille. Das gilt nicht nur für damals, sondern auch für heute. Darum ist das Fest nicht nur eine historische Erinnerung, es ist auch eine sehr aktuelle Botschaft. Im geistlichen Leben geht es immer darum, in Beziehungen selbständig zu sein und das Eigene in Verbundenheit mit anderen zu leben“, fügte der Provinzial an. „Jede Schwester und jeder Bruder hat eine ganz persönliche Berufung, und doch sind alle als `Herde´ unterwegs und haben auch eine gemeinsame Berufung. Uns verbindet das gleiche Charisma, das aber jede Gruppe im Lauf der Geschichte auf ganz eigene Weise leben darf. Vor 100 Jahre wurden sie dem Franziskanerorden aggregiert. Konkret haben sie diese Beziehung vor allem zu den Brüdern der bayerischen und jetzt der deutschen Franziskanerprovinz gelebt“, betonte Pater Cornelius.
Im Rahmen des Festaktes folgten Grüße in Form von Filmen von allen Schwestern der Konventen aus Deutschland, Peru und Indien. Schwester Katharina gab einen Einblick in die 100- jährige Geschichte.
Doch zunächst fand ein feierlicher Festgottesdienst mit Erzbischof Ludwig Schick und den beiden Konzelebranten Pater Cornelius Bohl OFM und Domkapitular Professor Dr. Elmar Koziel statt.
Corona-bedingt fand der Gottesdienst nur in kleinem Kreis und mit einer Vertretung der Solanusschwestern aus Landshut statt. Per Livestream waren Schwestern und Geladene sowie Schwestern und Brüder befreundeter Kongregationen zugeschaltet. Die Gestaltung des Gottesdienstes war das Ergebnis einer internationalen Zusammenarbeit. Einzelne Elemente wurden von Schwestern in Peru und Indien vorbereitet und immer wieder eingeblendet, so dass diese dann an den Bildschirmen und auch in Vierzehnheiligen zu sehen waren. Nach dem Willkommenstanz aus Indien folgten Grußworte der Generaloberin, Schwester Regina Pröls.
In seiner Predigt erinnerte der Bamberger Oberhirten an den Brief des heiligen Franziskus an die Gläubigen in der ganzen Welt vor 800 Jahren, in dem er dazu aufforderte, die Liebe zu Jesus Christus und zu allen Menschen zu erneuern. Papst Franziskus habe diesen Gedanken und Wunsch mit seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ aufgegriffen, wobei er sich auf die 28 Ermahnungen des heiligen Franzisku bezieht. „Beide wollen die Liebe zu Jesus Christus und die Geschwisterlichkeit untereinander erneuern. Die franziskanische Familie hat den Auftrag, diesen Geist zu erneuern und auszubreiten“, so Schick. „Die Liebe zu Jesus Christus und die Geschwisterlichkeit sind konkret. Sie sind auch die Hilfsmittel, um aus der Krise unserer Zeit herauszufinden und in eine neue Zukunft hineinzugehen, in der Gottes Reich mehr und mehr verwirklicht wird, das Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude für alle Menschen“, fügte das Bamberger Oberhaupt hinzu. Mit Verweis auf das Tagesevangelium rief der Erzbischof Schick dazu auf, den Größenwahn und die Überheblichkeit abzulegen, um Kinder Gottes zu werden. Die Aufforderung Jesu, wie Kinder zu werden, dürfe nicht missverstanden werden, wie dies im Lauf der Geschichte öfter geschehen sei: „Die Oberen hielten die Untergebenen klein, um selbst groß dazustehen und herrschen zu können.“ Der Erzbischof betonte: „Wenn wir Kinder am Beispiel und in der Nachfolge Jesu Christi werden, dann sind wir große Gotteskinder, die fähig sind, als erwachsene und gleichberechtigte Geschwister miteinander zu leben.“ Wenn sich dieser Geist des heiligen Franziskus ausbreite, würden sich auch wieder mehr Menschen für die verschiedenen Ordensgemeinschaften der franziskanischen Gemeinschaft engagieren.
Die Franziskusschwester unterstützen Spenden-Projekte für Peru (Lebensmittelpakete für Bedürftige), Deutschland (Stiftung „Brot für die Welt“ von Erzbischof Ludwig Schick und Suppenküche der Franziskaner) und Indien (Ausbildung für Mädchen).
Seit 100 Jahren sind die Franziskusschwester als Kongregation kirchlich anerkannt. Erzbischof Jacobus von Hauck vollzog mit päpstlicher Erlaubnis am 4. Oktober 1921 „die kanonische Konfirmation der Franziskusschwester als Diözesankongregation und verband dies mit dem Wunsch, „dass sie recht segensreich wirken möge“. Mit der Anerkennung der Gemeinschaft durch die Erzdiözese Bamberg kamen auch der Sitz der Kongregationsleitung und das Noviziat nach Vierzehnheiligen. Aktuell gibt es 134 Schwestern und Novizinnen, die in zehn Konventen in Deutschland, vier Konventen in Peru und drei Konventen in Indien leben. Hier wollen die Franziskusschwester in christlicher Nächstenliebe den Problemen der Zeit, der materiellen, geistigen und pastoralen Not begegnen. Sie setzen sich in ihren Berufen für dieses Ziel ein, etwa als Apothekerin, in der Kranken- und Altenpflege, in der Obdachlosenarbeit, in Kindergärten und Schulen.