...zum Beispiel hunderttausende Wanderarbeiter, die auf den Straßen gestrandet sind. Sie liefen auf den Autobahnen, um heim zu kommen. Jetzt fahren nach langer Zeit wieder einige Züge und Busse. Es gibt soviele Wanderarbeiter, so viele kommen von Norden in den Süden, weil sie da eher Arbeit finden und ihnen auch ein wenig mehr Lohn gezahlt wird als in ihrer Heimat. Durch den Lockdown waren sie gefangen: Keine Arbeit, kein Geld, kein Essen, kein Dach über dem Kopf und tausende Kilometer von daheim entfernt - so machten sich die Menschen zu Fuß auf dem Heimweg, oft mit kleinen Kindern, ganze Familien mit Großeltern… Es kamen so herzzerreißende Bilder und Nachrichten, die man nur schlecht verkraften konnte: Ein Mann mit einem selbstgebasteltem Wagen, der seine schwangere Frau und sein zweijähriges Kind zog, junge Männer, die ihre Eltern trugen wie kleine Kinder, eine Mutter, die 1200 km mit dem Roller fuhr, um ihren Sohn, der Medizin studiert, abzuholen, zerschundene Fussohlen, wütende Menschen, die vorbeifahrende Autos zerstören, Unfälle über Unfälle mit vielen Toten, weil sie sich die Menschen an Züge hängen oder an ein Lastauto … Ich fürchte, jeder Wanderarbeiter, der sich so auf dem Weg gemacht hat, hat seine eigene Geschichte.
Aber nicht nur die Wanderarbeiter, auch sonst verloren so viele Menschen ihren Job, mit dem sie sonst ihre Familien ernähren. Wovon sollen sie nun leben? Das trifft meist die Armen, die nicht auf Gespartes zurückgreifen können - da gibt es einfach nichts!
Die Coronapandemie hat mitten in der Prüfungszeit sehr viele Schüler und Studenten getroffen. Bei vielen ist nicht klar, wie es weiter geht. Keiner weiß, wie die Regierung entscheiden wird. Auch uns hat es getroffen. Sr. Aleena wartet auf ihren Examenstermin, sie muss die Abschlussprüfung schreiben. Supriya, eine Kandidatin, hat noch eine Prüfung fuer +2 zu schreiben. Sona Maria bekommt ihr Zeugnis, die letzten zwei Prüfungen werden durch das Jahresergebnis ersetzt. Sr. Thomai muss täglich am online-Unterricht teilnehmen und auch Prüfungen schreiben, Sr. Selvi sitzt alleine in Goa fest.
Unsere Schule in Puduvadavalli ist ganz geschlossen. Das neue Schuljahr hätte normalerweise schon begonnen. Viele Schulen haben begonnen “online class” zu geben. Doch für unsere Kinder ist das sehr schwer. Die meisten Eltern können den Kindern nicht helfen, die nötigen Voraussetzungen fehlen. Die Lehrer beraten und suchen neue Wege.
Wir alle bleiben dort, wo wir sind und dürfen das Haus nicht verlassen d. h. kein Urlaub, kein Besuch, keine Aufnahme ins Postulat und Noviziat, kein “Come and See”… alles steht still.
In Kotagiri und in Periyanaikanpalayam müssen wir wegen der alten Menschen besonders vorsichtig sein. Die Fallzahlen steigen. Indien hat nun den dritten Platz in der Welt. Die Lockdown-Regeln sind wieder strenger, besonders für uns im Altenheim.
Wir dürfen Nilgiris nicht verlassen und können uns auch sonst nur sehr eingeschränkt bewegen. Große Projekte entfallen. Wir teilen mit den Nachbaren und Mitarbeitern und deren Nachbarn was wir haben. Größere Spenden geben wir in die hiesige District-Regierung. Da laufen Programme, z.B. Verteilung von Essen, bessere Ausstattung des Krankenhauses, damit nicht alle Patienten nach Coimbatore (drei Stunden Fahrzeit) gebracht werden müssen … wie gerne würden wir raus gehen und mit anpacken, doch wir sind gebunden! Wir versorgen unsere Heimbewohner/innen so gut wir können und schauen, dass sie sich nicht einsam fühlen.
Gottesdienst gibt es für uns in Kotagiri nur am Fernseher, doch wenigstens das haben wir. Periyanaikanpalayam und Puduvalli haben Gottesdienst, Gott sei‘s gedankt.
Die Pandemie hat nicht nur negative Seiten. Wir kommen mehr zum Nachdenken, schauen über den Tellerrand hinaus, haben mehr Zeit zum Beten, schätzen Gesundheit und alle umsonst geschenkten Gaben Gottes mehr. Die Augen werden klarer und die Herzen weiter, wir werden dankbarer. So schmerzhaft die Pandemie ist, so ist sie doch auch eine grosse Lektion für uns.
Indien ist nicht nur von der Pandemie geplagt. In Nord- und Mittelindien vernichten Heuschreckenschwärme alles, was grün ist. Das sind auch ganz furchtbare Bilder. Die Menschen versuchen vergeblich, die Schwärme zu vertreiben. In vielen Gebieten wird die Ernte dieses Jahr ausfallen.
Ein sehr starker Zyklon hat die Gegend um Kalkutta zerstört, viele Menschen (wieder die ärmsten) haben alles verloren.
Straßenkinder und alte Menschen leiden besonders, sie brauchen dringend Aufmerksamkeit und Hilfe.
An der Grenze zwischen China und Indien brodelt es, es gab schon Tote auf beiden Seiten! Wir ersehnen so sehr eine politische Lösung!
In den letzten Tagen erschüttern uns Nachrichten über beispiellose Polizeigewalt. Ein Vater mit seinem Sohn, beide Christen, wurden brutal zu Tote gefoltert – nur weil sie 15 Minuten länger als erlaubt ihren Laden offen hatten. Kein Wunder, dass die Menschen vor der Polizei Angst haben.
Was soll ich sagen – mein armes geplagtes Indien
Gott möge es segnen und mit barmherzigen Augen auf uns alle schauen.
Mit Ihrer Spende und Ihrem Gebet unterstützen Sie diese kleinen, aber so wichtigen Schritte, mit denen wir vor Ort Menschen in Kotagiri, Puduvadavalli und Perianaikanpalayam helfen.
Vergelt’s Gott!
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Kennwort: Corona-Hilfe Indien