Wo Ihre Hilfe ankommt

Wir haben etliche Spenden für die Erdbebenhilfe in Kroatien von Ihnen erhalten. Für die Weitergabe an bedürftige Familien haben wir diese an Mia Liker, die Leiterin unseres Heimes in Kroatien weitergeleitet. Sie berichtet von der Übergabe:

Ich habe bisher nie geschrieben und wären die Umstände anders, ich hätte ein wenig Angst vor dieser Aufgabe, aber so bin ich ganz frei. Aus ganzem Herzen möchte ich diese Geschichte niederschreiben und sie mit Ihnen teilen.

Letzte Woche haben Neven und ich uns auf den Weg gemacht zu dem kleinen Dorf im Hinterland von Glina, dieser Ort wurde von dem letzten Erdbeben am stärksten getroffen. Dort trafen wir diesen Menschen, der noch vor einigen Monaten dachte, alles zu besitzen, was für das Glück auf Erden nötig ist. Er ist 38 Jahre alt, liebt sein ganzes Leben lang nur (s)eine Frau, sie haben gemeinsam vier wundervolle Kinder. Er heißt Jugoslav. Ein toller Mensch, der jetzt nichts mehr besitzt.

Erwartet hat er uns in seinem Hof auf der Anhöhe seines wunderschönen Anwesens inmitten eines Waldes. Wenn man da so steht und das mit so viel Liebe gestaltete Grundstück betrachtet, glaubt man nicht, dass man nur einige Meter weiter von der größtmöglichen Traurigkeit ergriffen sein wird.

Diejenigen, die den Menschen Jugoslav kennen oder nur von ihm gehört haben, sagen nur das Beste über ihn: „die Seele eines Menschen“, „unfassbar fleißig“, „von null angefangen, mit eigenen Händen und in schwerer Arbeit hat er alles erschaffen“...

So etwas lässt niemanden gleichgültig zurück, mit eigenen Händen schuf er seinen Traum, Tag um Tag, Jahr um Jahr. In dem unglücklichen Jahr 2021, von dem er sagt, dass es sich nie wiederholen möge, ging sein Traum unter. Sein Haus nahm Schaden, als das verheerende Erdbeben passierte, aber da hatte sein Traum noch Bestand. Ihr jahrelang erbautes Haus war beschädigt, aber nicht so stark, als dass Jugoslav Anspruch auf eine Unterstützung gehabt hätte. Er sagte, er würde sein Haus selbst wieder aufbauen, die Hilfe möge den Bedürftigeren zugute kommen.

Einige Tage später, es war morgens um 5, als Jugoslav aufstand, um zur Arbeit zu gehen, die Ehefrau musste zum Arzt, alle vier Kinder waren in der Schule. Stunden später rief ihn seine Frau an, um ihm zu sagen, ihr Haus würde brennen. Seit dem Tag kehren sie in ihr Haus zurück, das es nicht mehr gibt.

Für seine Geschäftsidee bezüglich des Ökotourismus waren ihm staatliche Subventionen zugesichert und überwiesen worden. Doch die Subventionen mit allem, was sie im Leben besaßen, wurden zu Asche. Einige Tage vor dem Brand hatten sie nämlich das Geld von der Bank abgehoben und sicher in ihrem Haus deponiert.

Jugoslav hat diesen Teil seines Schicksals sehr schwer verkraftet. Ein kleiner Hoffnungsschimmer wäre geblieben, wäre das Geld auf dem Konto verblieben. Das alles hätte nicht so tragisch geendet, denn er erlebte wegen dieses Geldes, nach allem auch einen Hirnschlag.

Jugoslavs körperliche Fähigkeiten haben Schaden genommen, und er erzählt mit Tränen in den Augen, dass er ohne Arbeit nicht leben kann, aber selbst das ist nicht das allerschlimmste. Sein Kurzzeitgedächtnis ist ihm abhandengekommen. Ab heute wird er sich bis zu seinem Lebensende an nichts erinnern, was er mit seinen Kindern, seiner Ehefrau erlebt hat... nichts wird er in seiner Erinnerung bleiben. Unter Tränen sagte er mir, es tue ihm leid, denn morgen werde er sich an mich wahrscheinlich nicht mehr erinnern, doch hat er versprochen, jeden Tag die Fotos anzuschauen, die wir gemacht haben und er werde lesen, was er über den heutigen Tag geschrieben hat. Denn jeden Tag schreibt er zusammen mit seiner Frau das Erlebte auf und liest es dann am nächsten Tag. So lebt er von einem Tag in den nächsten. Er liest jeden Tag sein Leben neu, er ist glücklich, denn er erinnert sich an das Leben vor diesem schicksalhaften Tag.

Seine Frau und er schlafen nun in dem kleinen Container, die vier Kinder in dem Campingwagen. Wie weiter? Das weiß er nicht, doch er verliert die Hoffnung nicht. Er sagt, es würde ihm schon etwas einfallen, sobald er zu Kräften gekommen sei. Er hatte große Pläne: Reihenhäuser an Touristen vermieten, Reittherapie für behinderte Kinder anbieten... Mit Tränen in den Augen schaut er mich an und erzählt von der Liebe zu den Tieren und wenn er sich ihnen nähert, dann glänzen seine Augen vor Liebe.

Bei der Verabschiedung haben wir uns fest umarmt, die Umarmung hat er am nächsten Morgen schon vergessen, aber ich werde sie Zeit meines Lebens nicht vergessen.

Mia Liker

 

Frau Liker hat sich sehr darum bemüht, in all den Nöten gezielt Hilfe anzubieten, wo sie not-wendend gebraucht wird. Zwei Familien konnten mit den Spenden bisher unterstützt werden. Mia Liker schreibt dazu:

"Wie besprochen, habe wir zwei Familien besucht. Über die erste schicke ich den Bericht, über die zweite Familie habe ich nichts geschrieben, obgleich auch hier das Geld in gute Hände gegangen ist, an eine Familie mit zwei Kindern. Die Familie hat das Haus verloren und ist trotz des eigenen Unglücks nun an der Hilfe für andere engagiert (sie helfen finanziell und durch Sachmittel, sie haben sich sogar organisiert und beim Kauf eines Hauses für eine andere sechsköpfige Familie eingesetzt). Da mich aber die Geschichte von Jugoslav und seiner Familie so zu Tränen gerührt hat, hatte ich das Bedürfnis diese traurige Geschichte aufzuschreiben, in der Hoffnung vielleicht noch weiteren helfen zu können.
Wie meine Tochter zu sagen pflegt: kleine Hände dienen dem Trösten und Helfen. Ich danke aus ganzem Herzen, dass die Hände guter Menschen diese traurigen Leben trösten konnten."

Die Schäden durch das Erdbeben sind noch immer beträchtlich. Der Aufbau und Neuanfang für die Menschen wird noch lange dauern. Wenn Sie dazu einen Beitrag leisten wollen, freuen wir uns über eine Spende auf folgendes Konto:

Bankverbindung:
Franziskusschwestern von Vierzehnheiligen
IBAN: DE87 7509 0300 0009 0085 00
BIC: GENODEF1M05 Liga Bamberg
Kennwort: Erdbebenhilfe in Kroatien

(Wenn Sie ihre Adresse bei der Überweisung angeben, können wir Ihnen eine Spendenquittung ausstellen. Danke!)

Autor: Sr. Katharina Horn, Mia Liker2021-04-07

"Wenn es dir gut tut, dann komm!"

(Franz von Assisi)