Der Morgen am See

Petrus erzählt

Ich weiß es noch ganz genau: Nach den Ereignissen mit Jesus waren wir Jünger von Jesus am späten Abend zusammen, es  war Thomas, Nathanael, Johannes und Jakobus – die Zebedäus-Söhne und noch zwei andere. Wir waren zugleich Freunde und Arbeitskollegen, nämlich Fischer am See.
Wir waren zusammen und ich sagte: „Also wisst ihr was, ich geh jetzt fischen.“ Ich dachte, das ist etwas was ich kann und es macht einfach Sinn, richtig zu arbeiten. Und die anderen sechs sagten: „Ja, du hast Recht, wir kommen auch mit.“ Und wir arbeiteten die ganze Nacht und fischten –wir fischten -  nichts, immer wieder ließen wir das Netz an anderen Stellen ins Wasser – und immer war es leer - alle Mühe umsonst. So oft wir das Netz hochzogen, immer nichts.
Trauer, Hilflosigkeit, Frust und Müdigkeit machten sich breit.
Und dann stand in der Morgendämmerung Einer am Ufer und fragte, ob wir einen Fisch zu essen  haben. Na, das hat jetzt gerade noch gefehlt, dass uns da einer anbettelt. Entsprechend kurz war die Antwort: „Nein.“

Und da wagt es dieser Mann am Ufer, uns, so erfahrenen Fischern, zu sagen:
„Fahrt nochmals auf den See und werft das Netz aus.“
So was Verrücktes, wenn man schon in der Dunkelheit der Nacht nichts fängt, dann erst recht nicht, sobald es beginnt hell zu werden.
Ich weiß nicht, was es war, das mich getrieben hat, wir mussten es einfach tun, trotz zunehmenden Sonnenaufgangs, umkehren, auf den See hinausfahren und die Netze auswerfen.

Und es war unglaublich, wir hatten kaum das Netz abgelassen, spürten wir seine Schwere und wussten, es ist voll. Wir konnten es nicht einmal mehr ins Boot ziehen, so schwer war es. Ich dachte, es wird jeden Moment zerreißen und dann ist unser Fang wieder weg.

Da sagte auf einmal Johannes neben mir: „Der Mann am Ufer, das ist Jesus, der Herr!“ Unglaublich, der Jüngste unter uns, Johannes, der sich von Jesus besonders geliebt fühlte, er hat ihn mit dem Herzen erkannt, er sagte, „ER ist es!“

Und ich spürte, ich muss zu ihm, spontan wie ich so oft war. Aber ich wollte ihm nicht in meiner Nacktheit begegnen, wir waren ja zum Fischen in der Nacht, der Einfachheit halber, alle nackt. Ja, ich wollte ihm jetzt nicht nackt begegnen, so gürtete ich mir geschwind das Obergewand um und sprang damit in den See und schwamm zum Ufer.

Jesus stand am Ufer, aber nun brannte ein Kohlenfeuer mit Brot und Fisch.
Wo das auf einmal herkam, weiß ich bis heute nicht.
Jedenfalls sagte Jesus: „Kommt her und esst!“ Und dann nahm Jesus das frischgebackene Brot und den guten Fisch und teilte an uns aus. Keiner von uns wagte zu fragen: „Wer bist du?“ Denn wir wussten auf einmal alle: Es ist der Herr.

Diese Begegnung am See, das war also das 3. Mal, dass sich Jesus uns als der Auferstandene offenbarte.

Doch dann geschah noch etwas. Jesus wandte sich mir zu, er sah mich an, und da spürte ich, er sah, meine Nacktheit, die ich vor ihm zu verbergen suchte, er sah meinen Schmerz über die dreimalige Verleugnung am Kohlenfeuer vor seiner Hinrichtung, er sah meine Sehnsucht nach ihm, den ich liebte.

In seinem Blick sah ich das alles und eine unendliche Liebe. Er sah mich an und sagte dann dreimal ganz feierlich: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Und obwohl ein tiefer Schmerz durch mein Herz zog, erfuhr ich, ja ich bin freigesprochen. Das Gefühl von Nacktsein und mich zutiefst Schämen war weg.  Ich antwortete unter Tränen: „Du weißt, dass ich dich liebe.“
Darauf seine Worte: „Folge mir nach und sei ein guter Hirte, sorge für die Menschen wie ein Hirte für die Schafe.“
Da war kein Vorwurf, da war zutiefst Vergebung und Frieden, Vertrauen und Freundschaft, tiefer als je zuvor.

 Sr. Elisabeth Hofmann

"Wenn es dir gut tut, dann komm!"

(Franz von Assisi)