"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Ein seltener Anruf
Vor einiger Zeit bekam ich einen für mich außergewöhnlichen Anruf: „Beten sie am Telefon für den Menschen, welcher mit ihnen spricht?“ Ich musste diese Frage verneinen. Auf seine Bitte hin betete ich für und mit dem mir unbekannten Anrufer. Über diese Bitte denke ich immer wieder nach und es fallen mir mehrere Menschen ein, die um ein Gebet bitten in ihren Nöten, ihren Unsicherheiten und geäußerten, vermeintlichen Unfähigkeiten zum persönlichen Sprechen mit Gott.
Da fällt mir bei Lukas 11,1-3 auf, dass Jesus nach dem Gebet, dem Gespräch mit seinem Vater, von einem Jünger gebeten wird: „Herr, lehre uns beten!“ Seine Bitte lautet nicht: „Herr, was hast du gebetet?“ Und Jesus kommt nicht auf die Menschen zu und sagt, dass sie beten müssen. Jesus überzeugt mit seinem Wesen, das geprägt, durchdrungen ist von seiner liebenden Beziehung mit dem Vater und den Menschen. Er öffnet dadurch die Menschen in seiner Nähe zur Sehnsucht nach dieser Beziehung mit Gott. Und hier ist ein Jünger, ein Mensch, der aus der persönlichen Hilflosigkeit fürbittend zum Herrn kommt: „Herr, lehre uns beten!“ Jesus Hilfe wirkt einfach, kurz, einfühlsam, wesentlich: „Wenn ihr betet, sollt ihr sprechen: ´Vater, dein Name werde geheiligt.`“ Jesus nimmt uns mit der Anrede VATER hinein in seine Gemeinschaft mit dem Vater. Jesus unser Bruder – wir seine Schwestern und Brüder.
Manchmal werde ich bei einem Anruf ungeduldig oder erlaube mir ablehnende Gedanken, höre oberflächlich zu, breche das Gespräch wegen Zeitmangel ab. Auf der Straße begegnen mir Menschen, denen ich gerne ausweichen möchte. Doch alle Menschen sind Geschöpfe des einen Vaters, die Geliebten des wartenden Vaters. Wir können uns immer wieder einüben in dieses einfache, kurz mit Ehrfurcht und Vertrauen gesprochene Gebet: „Vater, geheiligt werden dein Name.“ So dürfen wir mit Jesu Wort den Vater ehren und in den verschiedenen Situationen das Heil des liebenden Vaters wirken lassen. ER wirkt in der Bereitschaft unseres Herzens.
Sr. M. Engelharda Braun