"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Hab Mut – sei ein Licht!
740 v.Chr., Jerusalem:
Jesaja ben Amoz, ein großer Prophet im Volk Israel, reagiert auf die Verarmung großer Bevölkerungsteile mit scharfer Sozialkritik. Er klagt „Recht und Gerechtigkeit“ für die Armen ein und macht Israels Überleben davon abhängig. Er weissagt über EINEN, der kommen wird: „Seht, das ist mein Knecht! Ich, der Herr, habe dich geschaffen und dazu bestimmt, der Bund für mein Volk und Licht für die Völker zu sein, blinde Augen zu öffnen, und alle, die im Dunkel sitzen zu befreien (Jes 42,6 -7; 49,6).
7 v. Chr., Jerusalem:
Ein junges Paar bringt sein Baby in den Tempel, um das vorgeschriebene Reinigungsopfer darzubringen – nichts Spektakuläres. Doch dabei kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung: Die hochbetagte Prophetin Hanna und der greise Simeon, zwei gottesfürchtige Menschen, erkennen in dem Neugeborenen den Erwählten, der das Heil bringen wird – nicht nur für Israel, sondern für alle Welt. Für beide erfüllt sich ein langes Sehnen. Simeon ist so erfüllt, dass er nun in Frieden sterben kann – denn seine „Augen haben das Heil gesehen, das Licht, das die Heiden erleuchtet.“
02. Februar 1945, Berlin-Plötzensee:
Hinrichtung von Alfred Delp SJ, 37 Jahre alt, Mitglied des Kreisauer Kreises, einer Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus. In der Zeit der Gefangenschaft schreibt er mit gefesselten Händen Tagebuch. Er schreibt über die Freiheit, über die Mächtigen - und über die Freude. Einer seiner Sätze wird zum geflügelten Wort: „Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Licht in unser Leben und in unsere Welt kam, dann hat sein Leben einen Sinn gehabt“.
20. Januar 2021, Washington:
Amtseinführung von Joe Biden – im Ausnahmezustand, nicht nur wegen der Corona-Abstandsregeln. Die erst kürzlich überstandene Bedrohung der Demokratie durch einen bespiellosen Aufstand sitzt allen in den Knochen. Amanda Gorman, 22 Jahre alt, Aktivistin und Poetin, trägt ein Gedicht vor, voller Kraft und Symbolik. Sie endet mit einem Satz, der binnen kurzem um die Welt geht: „Es gibt immer Licht, wenn wir mutig genug sind, es zu sehen – wenn wir mutig genug sind, es zu sein!“
Seit hunderten von Jahren sehnen wir uns nach Licht, nach Heil. Seit hunderten von Jahren ist es bedroht – das Licht und das Heil. Immer sitzen Menschen im Schatten des Todes. Und manchmal packt uns Entsetzen, Angst und Ohnmacht.
02. Februar 2021, der Ort, an dem wir leben, Du und ich:
Wir leben mit Schatten, wir leben mit Bedrohungen. Doch wir tragen das Licht in uns selber: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass Gottes Geist in euch wohnt?“ (1Kor 3,16).
Hab Mut, sei ein Licht!
Sr. Martina Selmaier