"Wenn es dir gut tut, dann komm!"
(Franz von Assisi)Ein Weihnachtswort
Ich habe ein Weihnachtswort entdeckt. Es ist dieses kleine Wort, dass in unserem Alltag einen Platz eingenommen hat wie niemals zuvor. Immer wieder begegnet es mir und ich selbst nutze es ebenfalls oft. Es hilft uns, die neue Situation, in der die Welt steht, zu deuten, tröstet über Veränderungen hinweg und ermutigt uns zum Weitermachen. Es ist wie ein kleines Helferlein und regt unsere Kreativität an. Manchmal kann ich es allerdings schon nicht mehr hören, denn es ist auch ein wenig anstrengend oder sogar schmerzvoll. Es wird zur Zeit recht strapaziert und ab und zu wirkt es ziemlich ramponiert. Besonders dann, wenn es benutzt wird, aber nicht gemeint ist. Wenn sich derjenige, der es benutzt, gar nicht an seiner Kreativität und den sich öffnenden Möglichkeiten freuen kann.
Und als ich so über dieses kleine Wort nachdachte, ging mir auf, dass es ein Weihnachtswort ist. Dieses Wort, das in unserem Alltag eingezogen ist, ist kein neues Wort wie CORONA, INZIDENZWERT und all die anderen fremden, für uns neuen Worte. Es ist das altbekannte ANDERS: Heuer ist alles anders.
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was an dem Wort weihnachtlich sein soll. Es ist ein Wort für das Geheimnis von Weihnachten. Es ist sogar das Wesen von Weihnachten. Wir Christen glauben daran, dass Gott Mensch geworden ist. Das feiern wir an Weihnachten, das macht diese Nacht heilig. Und da ist es egal, ob es genau an diesem Datum war oder nicht. Gott wurde Mensch. Und das veränderte die Welt, unseren Glauben, unser ganzes Menschsein. In dieser Nacht wurde alles anders. „Gott“ ist der Begriff für das Unfassbare, Unsagbare und Unbegreifbare. Mit seiner Menschwerdung hat Er sich begreifbar gemacht. Menschen konnten Ihn sehen, berühren und hören. Und dieses Geheimnis geschah nicht würdevoll in einem Palast, in einer berühmten Stadt, bei den Edlen, Weisen und Vornehmen. Es war ganz anders, als man sich das vorstellt: draußen vor der Stadt, dort, wo die sind, die außerhalb sind, in einem armseligen Stall, eine Krippe als Wiege. Das Ganze war alles andere als idyllisch, nicht so wie unsere Weihnachtskrippen das vorgaukeln.
Aber nicht nur das Äußere war anders. Jesus zeigte uns die väterliche Seite Gottes. Er lehrte uns glauben und vertrauen auf die Liebe Gottes. Er heilte die Menschen, er wandte sich an die Ausgegrenzten, er verkündete, das Reich Gottes sei nahe, mitten unter uns. Die Menschen merkten, dass seine Deutung der Heiligen Schrift eine andere war, eine, die für den Menschen ist. Wie wichtig die Menschwerdung Gottes den Menschen wurde, zeigt sich daran, dass sich sogar unsere Zeitrechnung darauf bezieht: nach Christi (Geburt).
Nun sagen Skeptiker, dass sich doch nichts geändert hat in dieser Welt. Es gibt nach wie vor all das Negative in der Welt und mancher hat gar das Gefühl, es sei mehr denn je.
Trotzdem bin ich überzeugt, dass sich doch etwas ganz Wesentliches geändert hat: wir dürfen einen anderen Blickwinkel einnehmen auf all das, was geschieht. Wir brauchen keine Angst haben, vor dem was anders ist. Ein wesentliches Wort der Evangelien ist: „Fürchte dich nicht!“ und in der Folge wird dann alles anders: Maria wird schwanger durch den Heiligen Geist, Josef, ihr Bräutigam, steht trotzdem zu ihr, Hirten entdecken ein Neugeborenes in ihrem Stall, Menschen werden geheilt, Menschen ändern ihr Leben…
Mit Weihnachten wird alles anders – zwar nicht unbedingt äußerlich, denn die Welt läuft weiter wie bisher. Es gibt kein großes Wunder, kein Fingerschnippen und keine Zauberformeln, die eine große Änderung herbeiführen. Es ist wohl eher der andere Blickwinkel, aus dem wir das Leben, unser Leben betrachten. Und deshalb ist ANDERS ein Weihnachtswort. Vielleicht hilft uns das in diesem Jahr besonders.
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes anderes Weihnachtsfest!
Sr. Katharina Horn